Studien sind keine Gesetze und müssen immer in ihrer Methodik überprüft werden. Das lernte ich im Studium und es hilft mir noch heute jeden Tag. Facebook soll bis 2017 bis zu 80 Prozent seiner Nutzer verlieren, will eine neue Studie herausgefunden haben – und das ist einfach Blödsinn.
Studien from hell: Facebook ist tot
Erst kürzlich geisterte die Meldung durch die Online-Gazetten, dass Facebook seine jungen Nutzer „verlieren“ würde. Das Thema gibt reichlich Stoff für heiße Diskussionen und natürlich tolle Überschriften mit großem Klickpotenzial. Der Erkenntnisgewinn? Geht gegen null. Zum einen wächst Facebook immer noch und verliert keine Nutzer, zum anderen wurden hier Zahlen miteinander verglichen, die drei Jahre auseinander lagen. In dieser Zeit haben viele der Facebook-Nutzer die Altersgruppe verlassen und finden sich jetzt in einer anderen Spalte wieder. Aus einem „Verlust“ wird somit ein „Aufstieg“, man könnte auch sagen, dass die Facebook-Nutzer mit der Plattform erwachsen werden.
Aktuell macht eine weitere Studie die Runde, die sogar noch brisantere „Daten“ liefert: „80 Prozent der Nutzer könnten Facebook bis 2017 verlassen haben!“. Wow, das ist mal eine Schlagzeile, eine echte Klickgranate. Schaut man dann etwas genauer, eigentlich reicht auch schon ein oberflächlicher Blick, auf die sogenannte Studie, so fragt man sich schnell: Wie kann so was eigentlich überhaupt jemand veröffentlichen? Die Prognose an sich ist schon sehr gewagt. Ich meine, wer kann schon von sich behaupten, valide Aussagen über das Internet in drei Jahren tätigen zu können? Prognosen für das laufende Jahr sind schließlich schon schwer genug und nur selten liegt jemand damit wirklich richtig. Aber gleich drei Jahre in die Zukunft blicken? In einem so dynamischen Bereich wie dem Social Web?
Aber der wirkliche Kracher ist die Datenbasis, auf die die Prognose beruht: Die „Experten“ haben sich das Suchvolumen der letzten Jahre angesehen. Wie oft wurde also nach Facebook bei Google gesucht? Mal ehrlich, unter uns Facebook-Nutzer: Wann habt ihr denn zum letzten Mal nach Facebook gesucht? Hat man nicht normalerweise einen Browsertab offen oder klickt oft ein Lesezeichen? Braucht man die Googlesuche um Facebook zu finden? Und was ist denn mit all den vielen mobilen Nutzern, die Facebook ausschließlich über die mobilen Apps verwenden?
So gesehen, ist ein nachlassendes Suchvolumen vielleicht sogar im Gegenteil ein Zeichen für eine Etablierung und eben kein Zeichen für die bevorstehende Apokalypse. Aber das ist sicher keine Schlagzeile und damit keine Klicks wert und nur darum geht es vielen Onlineseiten heute.
Traue keiner Statistik, deren Sinn nur dran liegt, Klicks zu generieren.
80 Prozent aller guten Studien sind sterbenslangweilig. Ist eine Studie auf den ersten Blick für eine Klickgranate gut, sollte man sie sehr genau prüfen.
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