Influencer identifizieren – wie geht das?

Influencer identifizieren – wie geht das?

Eine zunehmend wichtiger werdende Frage für das gesamte digitale Business: Wie finde ich Influencer? Gemeint sind damit Meinungsmacher, Beeinflusser, Multiplikatoren, die den Unternehmen mehr Sichtbarkeit geben. Mit dieser Frage beschäftigt sich eine interessante Blogparade der MonitoringMatcher Stefanie Aßmann und Stefan Evertz.

Die Frage nach den Influencern beschäftigt mich schon eine ganze Weile und ich habe auch schon anderer Stelle in verschiedenen Facetten darüber geschrieben. Neu ist die Diskussion also längst nicht mehr, dennoch bestehen weiterhin viele Fragen und Unsicherheiten. Die aktuelle Situation erinnert mich etwas an die Phase, in der immer mehr Unternehmen im Social Web aktiv wurden – und dabei reichlich Fehler machten. Leider wiederholt sich das nun im Bereich der Blogger Relations und des Influencer Marketings, zwei Buzz-Themen, die großes Potenzial besitzen. Das komplette Thema mal zu analysieren und eine Art Guide für Unternehmen zu schreiben, steht bei mir schon lange auf dem Redaktionsplan. In der September-Ausgabe vom UPLOAD Magazin wird es dann soweit sein, so viel sei schon mal verraten. Jetzt aber soll es erstmal um die Frage gehen, wie Influencer identifiziert werden können.

Bevor man etwas identifizieren kann, muss man wissen, wonach man eigentlich sucht.

Was ist ein Influencer?

Hier gibt es verschiedene Definitionen, die unterschiedlich gut verständlich sind und für die Fragestellung mal besser, mal weniger passen. Daher hier ein Definitionsvorschlag von mir, der für mich gut passt:

Ein Influencer ist eine Person, die mit ihrem Handeln andere Personen beeinflusst und ihnen den Weg zeigt.

Oder als Bild ausgedrückt: Ein Influencer ist ein Leuchtturm. An ihm orientieren sich andere, er gibt den sicheren Weg vor.

Ein Leuchtturm weist mit seinem Leuchtfeuer den Weg (Bild: Dennis Jarvis, Flickr.com)

Ein Leuchtturm weist mit seinem Leuchtfeuer den Weg (Bild: Dennis Jarvis, Flickr.com)

Was braucht man, um Influencer identifizieren zu können?

Manch einer denkt hier sofort an hilfreiche Tools, die einem die Arbeit abnehmen. Und in der Tat gibt es da auch einige Anbieter, die Werkzeuge zur Identifizierung von Influencern im Programm haben oder sich sogar komplett den Influencern widmen. Mein „Lieblingstool“ ist und bleibt hier Klout. Dazu nur kurz:

Klout ist kein brauchbares Tool zur Identifizierung von Influencern, da es kaum mehr als die Lautstärke misst.

Für Klout hat ein startender Düsenjet also die gleiche Qualität wie ein Konzert der Rolling Stones (unter der Annahme, beide sind etwa gleich laut). Man muss gar kein Fan der Rolling Stones sein, um das Konzert lieber zu hören, als den Start des Flugzeugs. Dennoch kann Klout hier nicht genügend unterscheiden und gibt beiden den gleichen Wert.

Was an diesem Beispiel deutlich wird, ist, dass wir für die Identifizierung von Influencern viel mehr brauchen als nur Quantität. Nur zu messen, wie oft eine Person (zu einem bestimmten Thema) kommuniziert und wie groß seine Reichweite ist, hilft nicht ausreichend weiter. Wir brauchen darüber hinaus auch qualitative Kriterien, die für jedes einzelne Unternehmen anders aussehen können und sogar sollten. Spätestens jetzt wird klar, dass wir bei der Identifizierung von Influencern nicht alleine auf Tools setzen können.

Ist die Influencer-Identifikation also eine Agenturaufgabe?

Ja und Nein, lautet hier die Antwort, die Ist vom Soll trennt. Influencer-Marketing haben mittlerweile fast alle Agenturen im Portfolio und einige davon können das sogar. Ich finde es auch von Seiten der Unternehmen verständlich, dass sie diese wichtiger werdende Aufgabe an eine Agentur ihres Vertrauens abgeben, doch sie sollten es meiner Meinung nach dennoch nicht tun. Es geht letztlich um den Aufbau von Beziehungen und das sollte möglichst direkt geschehen. Das fängt mit der Identifizierung der Influencer an. Natürlich haben hier Agenturen bereits Erfahrung, aber hilft das wirklich so wahnsinnig? Immerhin hängt das Matching zwischen Unternehmen und Influencer fast immer von neuen Faktoren, Kriterien und Zielsetzungen ab, da hilft selbst ein bestehender Kriterienkatalog nicht weiter. Oft besteht die Influencer-Magie der Agenturen auch nur aus mehr oder weniger aktuellen Listen, die für jeden neuen Einsatz neu gefiltert und sortiert werden. Wie zielgerichtet die Auswahl hier am Ende wirklich ist, kann sich jeder selbst denken.

Auch aus eigener Erfahrung weiß ich, dass der Weg über eine Agentur nicht immer die beste Wahl ist. So bekomme ich auch heute noch Anfragen über Agenturen, die im Zusammenhang mit meiner Tätigkeit bei t3n stehen – da bin ich immerhin schon seit 15 Monaten (April 2013) nicht mehr. Natürlich gibt es auch löbliche Ausnahmen, doch in den Fällen kenne ich die Agenturler fast ausnahmslos auch persönlich. Es geht also kaum am persönlichen Kontakt vorbei.

So identifiziere ich Influencer

Auch wenn ich ansonsten jemand bin, der gerne Dinge automatisiert, vereinfacht und schneller macht – die Identifizierung von Influencern bleibt für mich mühsame Handarbeit. Diese Zeit sollte man aber auch bereit sein zu investieren, denn immerhin erwartet man auch einen gewissen Effekt davon. Wie der dann aussehen soll oder kann, ist wieder ein anderes Thema. In den letzten Monaten wurde ich mehrfach von Unternehmen gebeten, für sie nach Influencern zu fahnden. Mehr als einmal habe ich das abgelehnt, weil ich mich mit dem Themenbereich des Unternehmens schlicht nicht genügend auskannte. Hier liegt für mich der wesentliche Punkte für den Erfolg der Influencer-Identifikation:

Kennst du deinen Markt, kennst du auch deine Influencer!

Jedes Unternehmen, in dem Online Marketing und Social Media betrieben wird, sollte eine Zielgruppendefinition aufgesetzt haben und die eigenen Aktivitäten regelmäßig daraufhin analysieren, ob damit die Zielgruppe erreicht wird. Influencer sollten immer zur Zielgruppe gehören und bilden quasi das Sahnehäubchen. Im Grunde ist die Identifizierung der Influencer also ein Beiwerk zur normalen Arbeit und muss gar nicht für viel Geld eingekauft werden.

Probleme gibt es eigentlich nur dann, wenn die Online-Aktivitäten die anvisierte Zielgruppe nicht erreichen. Ist das der Fall, sollte allerdings die zugrundeliegende Social-Media-Strategie in Frage gestellt und entsprechend optimiert werden. Auch bei neuen Geschäftsbereichen ist die Identifizierung der Meinungsführer zunächst noch etwas schwieriger, das sollte sich aber mit der Zeit legen.

Rein technisch betrachtet, bieten sich die diversen Social Media Monitoring Tools an, die oft auch schon die Meinungsführer von sich aus anzeigen. Es geht aber auch mit kostenlosen Minimallösungen, wie beispielsweise mit dem Twitter-Client Tweetdeck. Hier nutze ich die Suchfunktion und lege mir verschiedene Themencluster an, die meine wichtigsten Themenbereiche abdecken. Somit habe ich immer einen guten ersten Überblick, wer zu welchem Thema gerade viel zu sagen hat. Davon ausgehend schaue ich mir unter anderem die anderen sozialen Kanäle der auffälligsten Personen an, schaue aber vor allem auch auf die Inhalte:

Wer verbreitet welche Inhalte, wo werden sie veröffentlicht und wie beschäftigen sie sich mit dem Thema.

Der letzte Punkt, das „Wie?“, ist für mich besonders wichtig, denn über diese Fragestellung kann man herausbekommen, mit welcher Motivation eine Person zu einem Thema kommuniziert. Rein sachliche Berichte, wie sie oft von Newsportalen oder Blogs mit starker Monetarisierungsabsicht kommen, sind zwar meist in der Überzahl, doch viel interessanter sind die Content-Perlen, die sich aus reinem, nicht klickgetriebenem Interesse intensiv mit einem Thema beschäftigen. Hier gibt es authentische, unabhängige Beiträge, die von den Lesern zudem noch als Empfehlung angesehen werden. Und genau das macht die Bedeutung der Influencer für Unternehmen doch erst aus.

Fazit: Quality rulez!

Ich bin mir durchaus bewusst, dass meine Herangehensweise recht komplex und aufwändig sein kann, gerade wenn es um bislang unbekannte Themengebiete geht. Dennoch würde ich mich nie auf eine Agenturenliste, die Empfehlungen der Social Media Monitoring Tools oder gar den Reputationsdiensten verlassen. Mein Ansatz ist qualitativer Natur, die reine Quantität führt nach meiner Ansicht zu schnell in die falsche Richtung.

Wie seht ihr das und wie identifiziert ihr selbst Influencer?

Über den Autor

Falk Hedemann editor

9 Kommentare bisher

MatiasEingestellt am8:29 am - Jul 29, 2014

Ein wunderbarer Artikel, Falk. Natürlich stimme ich dir weitestgehend zu.
„Kennst du deinen Markt, kennst du auch deine Influencer!“ – das ist für mich der Kernsatz!

Aber, gerade aus Unternehmenssicht (die mir in den letzten zwei Jahren in Fleisch und Blut übergangen ist), weiß ich, dass gerade Quantität enorm wichtig ist. Die sollten wir trotzdem nie unterscheiden. Will sagen – was nutzt mir ein „Influencer“, der mit Herzblut bloggt und im Social Web aktiv ist, wenn seine Reichweite dennoch eher bescheiden ist? Leider nur wenig. Aus Unternehmenssicht.

Trotzdem bin ich ganz bei dir: Qualität ist so enorm wichtig. Und wird – leider – noch allzuoft außer acht gelassen.

Grüße aus dem Großkonzern
Matias

    Falk HedemannEingestellt am8:39 am - Jul 29, 2014

    Danke für Deinen schönen Kommentar Matias 🙂

    Natürlich ist auch die Reichweite wichtig, aber auch hier plädiere ich für eine „qualitative Reichweite“. Oft wird einfach auf die Social Reach geschaut und im Zweifel noch nach den Visits des Blogs gefragt, doch wie aussagekräftig ist das wirklich? Mir sind Kennzahlen wie Social Reactions, Kommentare im Blog und Weiterempfehlungen viel wichtiger. Wir reden im Social Web immer über Zahlen und vergessen dabei nur allzu schnell das Social – was passiert denn wirklich mit den Inhalten? Werden sie nur abgerufen oder wird mit ihnen interagiert?

    Und nach meinem „Verfahren“ würden Blogger ohne genügend Reichweite auch gar nicht erst sichtbar werden 😉 Und was wir auch nicht vergessen dürfen: Die Reichweite hängt immer maßgeblich von der Größe der Zielgruppe ab! Es macht einen riesigen Unterschied, ob ich über Smartphone oder über Kunst blogge 😉

dailycoffeebreak.deEingestellt am3:59 am - Jul 30, 2014

[…] Influencer identifizieren – wie geht das? › Wissenssucher […]

Felix BarthEingestellt am9:19 am - Jul 30, 2014

Bravo! Das bringt es toll auf den Punkt und gefällt mir vor allem so gut, weil Du im Grunde nicht einen einzigen konkreten KPI nennst außer „Qualität“. Leider ist und bleibt es manchmal echt schwer, einem Unternehmen die Reichweitenfixierung auszutreiben.

    Falk HedemannEingestellt am9:39 am - Jul 30, 2014

    Die Reichweitenfixierung ist in den Unternehmen in der Tat sehr weit verbreitet und wird uns sicher noch einige Zeit verfolgen – wir wir hier ja leider auch wieder lesen müssen: http://www.social-secrets.com/2014/07/wenn-einem-die-worte-fehlen/

    So sehr ich das Verlangen nach Quantität auch verstehen kann (und nichts anderes machen KPIs ja für gewöhnlich), sie hilft einfach nicht überall weiter. Den Unternehmen, mit denen ich spreche, erkläre ich das immer mit dem Vergleich Flugzeug & Konzert, das hilft meistens ganz gut. Es hilft auch darauf hinzuweisen, dass es ja um Beziehungen zu echten Menschen geht. Wenn man jemanden kennenlernt, fragt man ja auch nicht nach der Zahl der Freunde und wie oft die zu Besuch kommen 😉

Der Influencer – das umworbene Wesen – diviaEingestellt am11:05 am - Aug 28, 2014

[…] Bekommen wir Influencer durch die Auswertung von Zahlen oder brauchen wir eine weiterführende, intensivere, zeitaufwändige, qualitative Betrachtung, wie Falk Hedemann konstatiert? […]

Stefan PfeifferEingestellt am9:20 am - Aug 31, 2014

Moin Falk,

das ist die Kernaussage: „Kennst du deinen Markt, kennst du auch deine Influencer!“ Oder: Wenn Du eine wichtige Rolle in einem Markt spielen willst, dann solltest Du besser die Influencer in diesem Markt kennen und Dich mit ihnen vernetzen.

Oder (geklaut aus Sachsenhäuser Krimis) „Immer horsche, immer gucke“. Augen offen halten, denn auch Influencer wechseln hier und da ihre Themen und ihren Markt, gewinnen oder verlieren an „Einfluss“, Neue kommen hinzu, dabei aktiv vernetzen online und vor allem auch offline, wenn sich die Gelegenheit bietet. Der persönliche Kontakt ist SEHR WICHTIG: Dadurch entsteht in der Regel noch eine viel engere Beziehung. Denk mal an unsere Bustour damals. Die „Ties“ halten heute noch.

Monitoring Tools sind Hilfsmittel, die man gerade zu Beginn durchaus heranziehen sollte. Nicht mehr und nicht weniger.

„Influencer“ kann man meiner Meinung nach selten „kaufen“. Man kann sie nur durch Kompetenz, intensive Kontaktpflege und Zuhören für sich einnehmen.

Gruss

Stefan

P.S. Ich glaube, ich poste das später mal zu mir rüber und verlinke hierher. Wichtige Gedanken und Diskussion für einen Marketier.

Blogparade: Influencer beeinflussen – ein Seiltanz auf der Glaubwürdigkeit? (1) | BisCulmComEingestellt am5:57 pm - Aug 31, 2014

[…] Tools wie Klout, Rankings oder Social Graphs können Zahlen und Grafiken über die Häufigkeit, Art und den Ort der Online-Kommunikation darlegen. Doch diese bilden nur einen Teil der Wirklichkeit ab: den Faktenteil, den sie messen. Die Durchdringungskraft eines Beeinflussers ist jedoch nicht bloss abhängig von der Reichweite und der Lautstärke, die ein Tool wie z.B. Klout registriert. Hier pflichte ich Falk Hedemann bei.  […]

Schreibe einen Kommentar zu Blogparade: Influencer beeinflussen - ein Seiltanz auf der Glaubwürdigkeit? (1) | BisCulmCom Antworten abbrechen